Kindergeld wegen seelischer Behinderung

Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich das Finanzgericht die Überzeugung vom Vorliegen einer seelischen Behinderung aufgrund eines retrospektiven Gutachtens eines psychologischen Psychotherapeuten bildet (BFH, Urteil v. 16.1.2025 – III R 9/23; veröffentlicht am 13.3.2025).

Hintergrund: Gemäß § 62 Abs. 1§ 63 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG besteht ein Kindergeldanspruch für ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

Für die Frage, welche Anforderungen an das Vorliegen einer Behinderung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG zu stellen sind, ist die Legaldefinition in § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen) maßgeblich. Danach ist ein Mensch behindert, wenn seine körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.